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Vergangene Veranstaltungen & Ansprachen

Ansprache von Claudia Roederstein 
anlässlich der Pflanzung eines Korbinianapfelbaumes 
am Denkmal für den Todesmarsch in Dorfen am 12. Oktober 2025
(mit ergänzenden Informationen zu Pfarrer Korbinian Aigner)

 

Wie eng doch Leben und Tod verbunden sind zeigt uns dieser besondere Ort sehr eindrücklich. 
Ein Baum ist immer ein Symbol des Lebens, er wurzelt tief, wächst, blüht und trägt Früchte.
Direkt daneben steht ein Mahnmal des Todes.

Es ist ein Bronzedenkmal des Pullacher Professors Hubertus von Pilgrim, das in ergreifender Art und Weise Leiden und Sterben der Todesmärsche darstellt.
Auch die Geschichte des Mahnmals selbst kann als ein langer und beschwerlicher Weg bezeichnet werden, bis es letztendlich an 22 Orten entlang des Todesmarsches und in Yad Vashem aufgestellt werden konnte.
Die Idee des damaligen Gautinger Bürgermeisters Dr. Ekkehard Knobloch, der in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre den Anstoß zu diesem Denkmalsprojekt gegeben hat, wurde anfangs mit Ablehnung und teilweise sogar Widerstand von vielen Städten und Gemeinden begleitet.

Was hat sich aber nun hier in Dorfen kurz vor Ende des 2. Weltkriegs abgespielt?
Am 26. April 1945 werden mindestens 25 000 Gefangene aus dem KZ Dachau und seiner vielen Außenlager abtransportiert oder auf Gewaltmärschen Richtung Süden in die Alpen mit Ziel Tirol getrieben. Man geht davon aus, dass sich ca. 10 000 Menschen auf den unterschiedlichen Todesmärschen befinden.

Ende April/Anfang Mai 1945 herrscht eisiges Wetter mit Regen und Schneetreiben. 
Der Todesmarsch erreicht am 28. April um ca. 4.00 Uhr morgens Dorfen, monotones Geklapper der Holzschuhe weckt die Dorfener.

Hier die Schilderung aus dem Heimatbuch Dorfen:
„Mit dem anbrechenden Tageslicht werden die Leute eines unbeschreiblichen Bildes gewahr: ein Anblick trostlosen Jammers: Elendsmenschen in erbärmlicher, zerschlissener Kleidung, die Gestalten mehr Skelette aus Haut und Knochen, ausgemergelt, apathisch die einen, auf Befreiung und Erlösung hoffend die anderen. Immer wieder angetrieben von den Schüssen und dem Gebrüll der Wachmänner der SS.“

Der KZ-Häftling und Jesuitenpater Otto Pies erinnert sich so an Dorfen: "Am Straßenrand ein Bauernhaus an dessen Fenster seit Morgengrauen die wankenden Gestalten voll Hunger und Verzweiflung klopfen. Immer wieder öffnet die alleinstehende Bäuerin (Frau Kierein) die Fenster und nach einem scheuen Blick gibt sie, was sie an Stärkung und Kleidung hat.“

„Auch aus den übrigen Häusern, so das Heimatbuch Dorfen, geben die Menschen was sie gerade haben, obgleich die SS-Männer, die auf die Gefangenen mit Gewehrkolben einschlagen, die Bauern an diesem Werk der Barmherzigkeit zu hindern suchen… Weil man mit dem Kochen nicht mehr nachkommt, werden rohe Kartoffeln und anderes verteilt.“ 

„Unser“ Dorfner Mahnmal wurde vor 30 ½ Jahren am 28. April 1995, also genau 50 Jahre nach dem Todesmarsch feierlich vom damaligen Bürgermeister Hubert Guggenmos, Herrn Pfarrer Ulrich Wimmer und anderen eingeweiht.

Anwesend war auch eine 80-köpfige Delegation aus Israel und den USA mit Überlebenden des Marsches und deren Angehörigen.
Unter ihnen Solly Ganor, auf dem Todesmarsch 17 Jahre jung. Er hatte sein bisheriges Leben auf der Flucht, in Ghettos und in verschiedenen KZs verbracht. Er beschreibt 1995 genau an diesem Platz seine Erinnerungen so: „Es ist unglaublich, dass wir so etwas überlebt haben. Der Weg von Dachau bis Waakirchen war voller Leichen.“ 

Auch in Dorfen ist ein KZ-Häftling während des Todesmarsches gestorben. Er wurde hier auf dem Dorfener Friedhof beigesetzt. Wir wissen nichts über ihn und seine Geschichte.1958 ist er dann nach Dachau auf das KZ-Ehrenfeld umgebettet worden.

Dieses Mahn- und Denkmal erinnert uns an die vielen Opfer dieser Märsche, an die unvorstellbaren, unbeschreiblichen, auch heute noch erschütternden grauenvollen Leiden, die ihnen zugefügt wurden. Es erinnert uns an die dunkelsten Abgründe menschlichen Handelns einerseits, andererseits aber auch an die Mitmenschlichkeit und Barmherzigkeit, die entlang des Weges von vielen Menschen gezeigt wurde.

Ich bitte Sie jetzt, dass wir gemeinsam in einer Minute des Schweigens den Opfern des Todesmarsches gedenken und denjenigen, die unter Einsatz ihres Lebens geholfen haben, unseren Dank und Respekt ausdrücken.

Der Regisseur Walter Steffen sagt richtig, es reicht nicht, dass zu einem Gedenktag ein paar Leute zusammenkommen, sich Reden von irgendwelchen Politikern anhören und dann wieder nach Hause gehen.

Aber ich bin der festen Überzeugung, dass jede Gelegenheit des Erinnerns an das was war, an das was auch direkt vor unserer Haustüre passiert ist, wichtiger denn je geworden ist.

Unsere junge Generation zu interessieren und zu sensibilisieren empfinde ich als unsere wichtigste Aufgabe.

80 Jahre nach Kriegsende lädt die Gemeinde Icking zu einer Reihe weiterer Veranstaltungen ein.

Wir zeigen den Film von Max Kronawitter „Das bewegte Leben des Peter Gardosch“ am 28. Oktober hier in Dorfen. Gardosch war Überlebender von Auschwitz und Kaufering.
Er hat sich mit den Deutschen ausgesöhnt und gesagt: „Die Hitlerei war eine schwere Krankheit, die das Land der Dichter und Denker befallen hat.“

Am 09. November, dem geschichtsträchtigen Datum, wird auch hier in Dorfen der Film zur Geschichte des Korbinianapfelbaumes von Walter Steffen vorgeführt, „Ein stummer Hund will ich nicht sein“
Pfarrer Korbinian Aigner musste von 1941 bis zum Kriegsende im KZ Dachau im sogenannten „Kräutergarten“ unmenschliche Arbeit verrichten, weil er sich im Religionsunterricht gegen die Nationalsozialisten ausgesprochen hatte. 
Im KZ gelang es ihm in dieser Zeit verschiedene Apfelsorten zu züchten und aus dem Lager zu schmuggeln. Er nannte sie „KZ 1, 2, 3, und 4“. KZ 3 wird seit dem einhundertsten Geburtstag von Aigner 1985 „Korbiniansapfel“ genannt. 
Pfarrer Korbinian Aigner befand sich Ende April 1945 auf dem Dachauer Todesmarsch. Er konnte fliehen, aber es nicht ganz gesichert ob dies zwischen Aufkirchen und Aufhausen erfolgte oder bereits vor Aufkirchen.
Nach dem Krieg ging er wieder als Pfarrer nach Hohenbercha und starb dort 1966.

Weltweit bekannt geworden ist Aigner aber nicht durch sein Schicksal im KZ, sondern durch seine 649 Apfel- und 289 Birnenbilder, die er nach dem Krieg anfertigte und die heute sorgfältig archiviert in der Technischen Universität München untergebracht sind.
Auf der Documenta 13 in Kassel wurden im Jahr 2012 400 seiner Bilder ausgestellt.

Am 13. November eröffnen wir in der Rathausgalerie in Icking eine Ausstellung zum Thema Kriegsende und Neubeginn in Icking 1945. Von Dorfen bis Irschenhausen wird dargestellt wie die Menschen diese Zeit des Umbruchs erlebten.

 Aktuell schreiben gerade einige Schülerinnen aus dem Gymnasium Icking ihre Seminararbeiten zum Thema Kriegsende und Neuanfang in Icking.
Es freut mich sehr, dass wir Ihnen dann im Januar 2026 diese Arbeiten vorstellen können.

Außerdem werde ich im Januar 2026 in einem Vortrag die Ausstellung im Rathaus vertiefen.

Fühlen Sich sich bitte dazu herzlich eingeladen.

Vielen Dank, dass Sie sich heute an diesem wunderschönen Erntedanksonntag die Zeit genommen haben hierher zu kommen!

 

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Ansprachen zur Veranstaltung am 07.05.2025 von
Herrn OStD Stefan Nirschl
Erster Bürgermeisterin Verena Reithmann
Zweiter Bürgermeisterin Claudia Roederstein
 

Rede des Schulleiters Herrn Stefan Nirschl, OStD

 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Reithmann,  
Sehr geehrte Frau 2. Bürgermeisterin Roederstein,  
sehr geehrter Herr von Ferrari,  
liebe Schülerinnen und Schüler unseres Gymnasiums,  
sehr geehrte Lehrkräfte und Gäste,  

ich begrüße Sie und Euch herzlich im Namen unserer Schule und der Gemeinde Icking zur Vorführung des Dokumentarfilms
 „Ruinenschleicher und Schachterleis“ und zum anschließenden Austausch über die Stunde NULL im Mai 1945.  

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begann das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte.  

Erst gut zwölf Jahre später, am 08. Mai 1945, endete das Grauen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Es war zugleich das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa, das Ende von Bombennächten und Todesmärschen, das Ende beispielloser deutscher Verbrechen und des Zivilisationsbruches der Shoah.  

Am morgigen Donnerstag, den 08. Mai, jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges und das Ende des NS-Regimes zum 80. Mal.  

Wir wollen darum heute gemeinsam einen Blick auf die Stunde NULL werfen, auf die Zeit nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 08.05.1945, auf das Ende des Zweiten Weltkriegs und den Versuch eines Neubeginns.  

Es ist uns eine große Freude und Ehre, dass Sie, Herr Michael von Ferrari, sich als ehemaliger Schüler unseres Gymnasiums heute die Zeit genommen haben, um uns den von Ihnen mit Frau Angelika Wimbauer und Herrn Lutz Eigel produzierten Film „Ruinenschleicher und Schachterleis“ zu zeigen.  

28 Frauen und Männer, die das Kriegsende und die unmittelbare Nachkriegszeit in München erlebten, erzählen in diesem lebendigen Portrait der Nachkriegsgeneration von ihren Kinder- und Jugendjahren und vom Überleben in einer entbehrungsreichen Zeit.  

Ich danke Ihnen, Herr von Ferrari, für Ihr Kommen und Ihr Engagement.  

Meinen Dank spreche ich an dieser Stelle ausdrücklich auch Frau Roederstein und Frau Schäfer, Fachleiterin für das Fach Geschichte am Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium, aus. Frau Roederstein und Frau Schäfer haben den heutigen Abend gemeinsam mit Herrn von Ferrari vorbereitet.  

Schülerinnen und Schüler des W-Seminars „Befreiung und Wiederaufbau“ von Frau Schäfer beschäftigen sich in diesem Schuljahr mit dem Thema Kriegsende und Wiederaufbau, vor allem auch hier in der Gemeinde Icking. Dabei werden sie tatkräftig von Frau Roederstein und der Gemeinde Icking unterstützt.  

Ohne Ihre Unterstützung, ohne Ihre Hilfe und Ihren Einsatz, sehr geehrte Frau Roederstein könnte diese vertiefte, mehr denn je dringend nötige Auseinandersetzung mit dem Thema „Befreiung und Wiederaufbau“ nicht stattfinden.  

Danken möchte ich im Besonderen den beiden Schülerinnen des W-Seminars von Frau Schäfer, namentlich Caro Birk und Paula Englert, die sich heute Abend noch persönlich an Sie und Euch wenden und über erste Ergebnisse der Arbeit im W-Seminar berichten werden.  

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Anwesende!  

Die heutige Veranstaltung fügt sich ein in eine Reihe von Veranstaltungen an unserer Schule, die sich konkret mit der Erinnerungskultur auseinandersetzen. Ich denke hier etwa an

  • den Besuch des Eurasburger Dokumentarfilmers Max Kronawitter am 01.12.2023, der den Schülerinnen und Schülern der 11. Klassen seinen Film „Todesmarsch – als das Grauen vor die Haustür kam“ gezeigt hat und im Anschluss für eine  Podiumsdiskussion zur Verfügung stand. Ich erinnere auch
     
  • an die Lesung des Autors Alois Berger am 07.12.2023 aus seinem Buch „Föhrenwald,  das vergessene Schtetl“, organisiert vom P-Seminar „In search of the children of  Föhrenwald“ unter der Leitung von Frau OStRin Gabriele Schneider. 
     
  • an die Lesung von Frau Sophie von Bechtolsheim aus ihrem Werk „Stauffenberg –  Mein Großvater war kein Attentäter“ und dem aus Leserreaktionen entstandenen Nachfolgewerk „Stauffenberg. Folgen – 12 Begegnungen mit der Geschichte“ wie auch an die Wanderausstellung „Was konnten wir tun? Widerstand gegen den Nationalsozialismus 1939-45.  
     
  • an die erst letzte Woche gemeinsam mit dem Gymnasium Geretsried stattgefundene Gedenkveranstaltung in Buchberg zum Gedenken an die Opfer des Todesmarsches.

Angesichts des schwindenden gesellschaftlichen Rückhalts für die Gedenkkultur ist die Erinnerung an die nationalsozialistische Vergangenheit eine Aufgabe, der wir uns am Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium mit großer Verantwortung stellen.  

In einer Zeit, in der Demokratie, Freiheit und eine offene Gesellschaft von vielen Seiten angegriffen werden, schärfen wir unseren Bildungsauftrag am Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium:  

  • wir fördern das politische Bewusstsein,  
     
  • wir stärken die demokratische Kompetenz unserer Schülerinnen und Schüler,  
     
  • wir befähigen sie, aus historischen Entwicklungen Lehren für die Zukunft zu  vermitteln und zur Toleranz- und Werteerziehung beizutragen und  
     
  • wir wirken durch präventive Aufklärungs- und Bildungsarbeit dem politischen und religiösen Extremismus sowie demokratiegefährdenden Haltungen und Handlungen entgegen.

Wir tun all dies sehr entschlossen und sehr konsequent.  

Denn wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereits im August 2019 bei der Sommerakademie der Begabtenförderungswerke in Heidelberg formuliert hat, sind Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit. Sie müssen gerade in diesen Zeiten tagtäglich verteidigt werden. Weder wir Nachgeborenen noch unsere Schülerinnen und Schüler sind verantwortlich für das, was geschehen ist. Aber wir alle tragen sehr wohl Verantwortung für das, was jetzt und künftig geschieht!  

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich übergebe nun das Wort an Frau Reithmann und im Anschluss an Frau Roederstein.  

Ende:  

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Anwesende,  

ich danke Ihnen und Euch für Ihr und Euer Kommen. Und ich spreche nochmals allen, die zum Gelingen des heutigen Abends beigetragen haben, meinen Dank aus. Mir wird dieser  Abend und die mit ihm verbundenen Eindrücke und Erkenntnisse unvergessen bleiben.

Für den Herbst 2025 planen das Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium und die Gemeinde, alle Ergebnisse aus den Arbeiten der Schülerinnen und Schüler, aus Erinnerungen und Interviews mit Ickinger Bürgerinnen und Bürger, aus zur Verfügung gestellten Fotos, noch vorhandenen Utensilien und aus Schriftdokumenten des Gemeindearchivs Icking in einer Ausstellung und  einem Erzählnachmittag zu präsentieren. Ich freue mich bereits jetzt auf diese besondere Veranstaltung, zu der wir zu gegebener Zeit einladen werden.  

Ich wünsche Ihnen und Euch ein gutes Heimkommen / einen guten Heimweg. Auf  Wiedersehen.  

Stefan Nirschl, OStD  
Schulleiter   

 

Begrüßungsreden zur Veranstaltung am 07.05.2025
Rede der Ersten Bürgermeisterin der Gemeinde Icking

 

Guten Abend,

mein Name ist Verena Reithmann, ich bin die Bürgermeisterin von Icking.

Ich bedanke mich herzlich für Ihr Kommen. Sie zeigen damit, dass sie „weitermachen“. Was möchte ich damit sagen.

Am 8. Mai 1985, also morgen vor 40 Jahren , anlässlich des 40. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs, hielt Richard von Weizsäcker, der damalige Bundespräsident, eine Rede, die als eine der zentralen Reden der Nachkriegszeit in Deutschland gilt. Ich selbst habe die Rede damals hilfreich für die Einordnung und als verbindungstiftend empfunden.

Weizsäcker sprach in dieser Rede auch über die Bedeutung des Erinnerns an den Krieg.

Ich zitiere

„Jüngere und Ältere müssen und können sich gegenseitig helfen zu verstehen, warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten.

Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen. Das kann man gar nicht. Sie lässt sich ja nicht nachträglich ändern oder ungeschehen machen. Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.

Für uns kommt es auf ein Mahnmal des Denkens und Fühlens in unserem eigenen Inneren an.“

Zitat ende

Die Rede von Richard von Weizsäcker stellte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Deutschlands dar, da sie den Fokus nicht nur auf die Niederlage, sondern besonders auf die Befreiung und die Verantwortung für die Zukunft legte.

Als ich letzte Woche auf der Gedenkveranstaltung des Landkreises zur Befreiung des Todesmarsches in Reichersbeuern war, waren viele Ehrengäste – ein Zeitzeuge, der Sohn eines kürzlich verstorbenen Zeitzeugen und verschiedene amerikanische Vertreter von Politik und von Veteranenvereinen da, die uns diese Bitte für die Zukunft mitgegeben haben:

„continue and share!“

In diesem Sinne bedanke ich mich bei Ihnen für Ihr Kommen und Ihr „Weitermachen“ mit der Erinnerung.

Bereits im vergangenen Jahr fanden sich der Fachbereich Geschichte und die zweite Bürgermeisterin Claudia Roederstein, die derzeit auch unser Archiv betreut, zusammen und entwickelten ein Konzept für die Erinnerungsarbeit in diesem Gedenkjahr 2025 hier bei uns in Icking. Was sie erarbeiten, und es ist sehr viel Arbeit, davon berichten die Schüler und Frau Roederstein nachher am Besten selbst.

Dass ich nun jetzt gerade hier stehe und nicht meine Stellvertreterin, hat den tieferen Sinn darin, dass ich ihr im Namen der Gemeinde an dieser Stelle dafür danken möchte, dass sie sich für die Gemeinde Icking und unsere Bürger einsetzt, um uns hier am Ort die Erinnerung wachzuhalten und für die Zukunft zu sichern.

Der Dank gilt aber gleichermaßen den Schülerinnen und Schülern mit Ihren Lehrern, die sich in diesem Schuljahr besonders dem Thema widmen.

Ich erlaube mir deshalb nun auch das Wort an euch weiterzugeben. 

 

Begrüßungsreden zur Veranstaltung am 07.05.2025
Rede der Zweiten Bürgermeisterin Claudia Roederstein

 

Guten Abend auch von meiner Seite und herzlichen Dank an meine Vorredner Herrn Nirschl und Verena Reithmann.

Ich freue mich sehr, dass sie so zahlreich erschienen sind.
Es ist mir ein Anliegen mit Ihnen einige Gedanken zu teilen.

Warum lassen wir die Vergangenheit nicht einfach ruhen? 80 Jahre und die Zeit davor, das alles ist lange her. Gegenwart und Zukunft sind doch gerade fordernd genug. Und über Tiktok und Co. bekommen wir ja einfache und schnelle Wahrheiten im Rekordtempo geliefert.

Ich könnte aber auch fragen:
warum ist es gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je zu erinnern und nachzufragen was im großen und im kleinen passiert ist? Warum ist es spannend sich mit der kleinen Geschichte vor unserer Haustüre zu beschäftigen und könnten wir daraus etwas für die Zukunft lernen? Warum ist es so unglaublich wertvoll, dass unser Ickinger Gymnasium mit seiner sehr besonderen Geschichte alles tut um das Interesse dafür bei den Schülerinnen und Schülern zu wecken und wach zu halten? Und als letzte Frage: warum sind Filme wie dieser von Herrn von Ferrari so wichtig für heute und für die Zukunft?

Ich durfte am Sonntag bei der offiziellen Feier zum 80. Tag der Befreiung des KZ Dachau durch die Amerikaner in der KZ Gedenkstätte teilnehmen und möchte Ihnen kurz darüber berichten.

Es gab sehr bewegende Ansprachen der letzten Überlebenden und eines 100-jährigen amerikanischen Befreiers, der seine Eindrücke schilderte. Bilder, die ihn sein Leben lang begleitet haben. Es haben KZ Überlebende im Alter von 97, 100 und 101 Jahren über ihre Lebensgeschichten gesprochen, mit fester Stimme. Es dauerte Jahrzehnte bis sie dazu fähig waren. Auffallend und erfreulich war, dass Kinder, Enkel und Urenkel von KZ Überlebenden aus vielen Ländern angereist waren und es zahlreiche junge Leute unter den 1700 Gästen und Organisatoren gab.

Schockiert hat mich allerdings eines:
an der langen Mauer vor dem internationalen Mahnmal der KZ Gedenkstätte waren über 100 wunderschöne, große Kränze aufgereiht. In einem Flyer waren alle Spender namentlich aufgelistet. Alle demokratischen Parteien waren darunter. Ein Kranz fehlte. Derjenige von der als gesichert rechtsextremistisch eingeordneten Partei Deutschlands, deren Vertreter im Jahr 2018 wörtlich kund getan hat: „Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die 12 Jahre.“ Und dann folgte das große Aber: „Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte.“

Und deswegen liebe Schülerinnen, liebe Schüler, liebes Publikum:
wir alle, jeder einzelne von uns kann tagtäglich auch im kleinen Icking, auch vor unserer Haustür dazu beitragen, dass sich in Deutschland diese Partei möglichst schnell in einen Vogelschiss in der Geschichte verwandelt. Lasst uns laut und deutlich denjenigen widersprechen, die Geschichte bewusst verdrehen, die Hitler als Kommunisten bezeichnen, die Aufwiegeln, Emotionalisieren und Hetzen als ihre Markenkennzeichen verankert haben.

Lasst uns aber auch wieder untereinander mehr zuhören und aufnehmen als vorschnell zu beurteilen und zu verurteilen, lasst uns respektvoller sein im Gespräch, lasst uns freundlicher und verständnisvoller im Tonfall und in unserer Wortwahl sein und lassen wir mehr Schattierungen zu als schwarz – weiß. Die Welt ist bunt aber auch komplex und einfache Wahrheiten gibt es nicht.

Icking arbeitet derzeit intensiv zum Thema Kriegsende und Neubeginn. Es enstehen Seminararbeiten, das Gemeindearchiv wird auf den Kopf gestellt, es werden Interviews und Gespräche geführt, Fotos und anderes dankend angenommen.

Im Oktober / November wird es eine Gesamtschau dieser Arbeiten geben. Einige weitere Veranstaltungen sind in Planung.

Ich bedanke mich sehr sehr herzlich bei allen, die dieses möglich machen, die uns unterstützen und die uns ihre persönlichen Geschichten erzählen. Damit Sie einen kleinen Eindruck bekommen, präsentieren Ihnen jetzt Paula Englert und Caro Birk die Themen ihrer Seminararbeiten und danach freuen wir uns auf den Film von Michael von Ferrari. Die Zeitzeugen sterben, die Filmaufnahmen bleiben bestehen.

Vielen Dank

Claudia Roederstein
Zweite Bürgermeisterin

 

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Einladung zur Filmvorführung mit anschließendem Austausch 
in das Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium Icking

Am Mittwoch, 07.05.2025, 19:Uhr,
Ulrichstr. 1-7, im Pädagogischen Zentrum (Konzertsaal)

Sehr geehrte Damen und Herren,

aus Anlass des Kriegsendes vor 80 Jahren laden Gymnasium und Gemeinde Icking sehr herzlich ein zum Dokumentarfilm

Ruinenschleicher und Schachterleis 
von Michael von Ferrari, Angelika Wimbauer und Lutz Eigel
Sprecher: Udo Wachtveitl
Filmdauer: 64 Minuten
Der Eintritt ist frei, aber über Spenden ist der Förderverein des Gymnasiums sehr dankbar.
Für Getränke ist gesorgt

28 Frauen und Männern, die das Kriegsende und die unmittelbare Nachkriegszeit in München erlebten, erzählen von ihrer Kinder- und Jugendzeit, vom Überleben, von Entbehrungen und Prügelstrafen, von strengen Regeln daheim und der großen Freiheit draußen, von Schulen ohne Papier, von US-Soldaten, Cola, Kaugummis und der ersten Schokolade als auch von der Sprachlosigkeit ihrer Eltern über die Nazi-Vergangenheit.

So ist ein lebendiges Portrait der Nachkriegsgeneration entstanden, das mit Fotos und Original-Filmausschnitten ergänzt wird.

Wir sind überzeugt, dass dieser Film für Jüngere und Ältere von großem Interesse ist.
Und wir freuen uns sehr, dass Michael von Ferrari als ehemaliger Schüler des Gymnasiums zu Gast sein wird und für Fragen zur Verfügung steht.

Im Anschluss wollen wir einen Blick auf Icking 1945 richten. Schülerinnen und Schüler des Rainer-Maria-Rilke Gymnasiums beschäftigen sich in diesem Schuljahr auch mit Unterstützung der Zweiten Bürgermeisterin von Icking im Rahmen eines W-Seminars und einer Wissenschaftswoche mit dem Thema „Kriegsende und Neubeginn“, vor allem auch in der Gemeinde Icking. Erste Ergebnisse dieser Arbeit werden an diesem Abend vorgestellt.

Für den Herbst 2025 planen Gymnasium und Gemeinde alle Ergebnisse aus den Arbeiten der Ickinger Schüler und Schülerinnen, aus Erinnerungen und Interviews mit Ickinger Bürgern und Bürgerinnen, aus zur Verfügung gestellten Fotos, noch vorhandenen Utensilien und aus Schriftdokumenten des Gemeindearchivs Icking in einer Ausstellung und einem Erzählnachmittag zu präsentieren.

Wir freuen uns am 07. Mai auf zahlreiche Besucher.

Stefan Nirschl, Schulleitung

Susanne Schäfer, Fachleiterin Geschichte

Verena Reithmann, Erste Bürgermeisterin

Claudia Roederstein, Zweite Bürgermeisterin